Die Viren-Pandemie, die uns nun auch Anfang März erreichte und von der wir alle jeden Tag hören, stellte nicht nur die Medizin vor eine große Herausforderung. Ausgefallene Klausuren, ausgefallene Famulaturen, keine Reisen, kein Ostern mit der Familie. Als mich eine Mail der Medizinischen Hochschule erreichte, in der freiwillige Medizinstudent*innen zur Aushilfe während dieser Pandemie gesucht wurden, stand für mich außer Frage, mich nicht in dieser Ausnahmesituation zu engagieren. Als Sahnehäubchen auf der Torte unseres Engagements, versprach uns die MHH den Einsatz als Famulatur, also ärztliches Praktikum, anzuerkennen.
So bewarb ich mich, bekam sonntagabends um 20:30 einen Anruf und erfuhr, dass ich den nächsten Morgen in der MHH sein sollte. Ich sagte meine bisherige Famulatur in einer Allgemeinmedizinischen Praxis ab und machte mich auf den Weg nach Hannover.
Zu meinem Einsatz. Ich wurde zunächst auf einer „Normalstation“ eingeteilt, wo ich in der Pflege half. Kein Problem, der Job war ja auch als Aushilfskraft während der Covid-19 Pandemie ausgeschrieben, was für mich bedeutete entweder in der Pflege auszuhelfen, Covid-Abstriche zu machen, oder von der Lungenkrankheit betroffene Patient*innen zu betreuen. Da, Gott sei Dank, das Krankenhaus im Rahmen dieser Pandemie – anders als in unserem Nachbarland Italien – nicht völlig überlaufen war, hatte ich eher das Gefühl, den Pflegenotstand auszugleichen. Aber das kannte ich ja bereits aus 3 Monaten Pflegepraktikum.
Schnell erreichte mich jedoch die Nachricht, dass ich schon bald auf einer extra eingerichteten Palliativstation eingesetzt werden würde. Zugegebenermaßen bin ich in meinen jungen Jahren noch nicht zu häufig in Kontakt mit dem Tod gewesen, sodass ich mit einem mulmigen Bauchgefühl und etwas ängstlich diese Station betrat. Ich fühlte mich etwas ins kalte Wasser geworfen. Junge Medizinstudentin, keine palliativmedizinische Erfahrung und etwas Angst. Angst, dass der*die Patient*in jeden Moment sterben könnte. Angst, die Fragen der Patient*innen nicht gerecht beantworten zu können. Angst, die Sorge der Angehörigen nicht nehmen zu können. Angst, vor einer völlig neuen unerfahrenen Situation, die so auch das geschulte Personal nicht kannte. Besucherregeln, strengere Hygienevorschriften, eingeschränkte Trauerfeiern und Bestattungen.
Auch wenn das anfangs alles nicht so einfach war, konnte ich mich an den Gedanken festklammern, totkranke Patient*innen an ihrem Lebensende auf eine gewisse Art und Weise zu begleiten und merkte schnell, dass ich Erfahrungen machte, die mir in meiner weiteren Berufslaufbahn mal weiter helfen könnten.
Als Belohnung für die Solidarität und das Engagement wurde ich, sowie viele andere Helfer*innen, mit Überraschungen seitens des Personalmanagements und des Landesprüfungsamtes berieselt:
Normalerweise darf man an der MHH nicht mehrere Jobs gleichzeitig machen. Während meines Studiums bin ich aber als studentische Hilfskraft in einem anderen Bereich eingestellt und das Personalmanagement versicherte mir, (ganze 3x!), dass in dieser absoluten Ausnahmesituation zwei Verträge gleichzeitig möglich sind. Während meines Einsatzes erreichte mich dann die Nachricht, dass dies jetzt doch nicht möglich sei und mein ursprünglicher Nebenjob gekündigt werden müsse. Telefonat 1, Telefonat 2, Telefonat 12 und endlich konnte eine akzeptable Lösung gefunden werden.
Wenige Tage später, erhielt ich eine Mail, in der sich das Versprechen den Einsatz als Famulatur (welches mir schriftlich bestätigt wurde) anzurechnen, in Luft auflöste. Das LPA verweigert, den Einsatz als Aushilfskraft anzuerkennen, da nicht die komplette Arbeitszeit in der „vorlesungsfreien Zeit“ stattfindet. Ganze 4 Tage überschreitet mein Einsatz die vorgesehene Zeit. In diesem Sinne, herzliche Grüße an das LPA (by the way: danke auch für die Famulatursplitting-Regelungen in Hannover).
Nicht zu vergessen ist, dass sich für beide Probleme, die mehrere Studierende betrafen, niemand zuständig fühlte und niemand eine adäquate Antwort geben konnte.
Danke aber an dieser Stelle an die lieben Leute des ASTAs, die trotzdem alles versucht haben, uns aus der Situation raus zu holen.
Letztendlich ist also unschwer zu erkennen, dass wir uns als Studierenden engagieren und einen Beitrag während dieser Krise leisten wollten. Die Versprechungen, die zu Anfang gemacht worden waren, konnten jedoch leider nicht eingehalten werden.
/anonym