An einem Mittwochabend bot der 14. Stock des Conti-Hochhauses eine wunderschöne Aussicht auf den Sonnenuntergang über Hannover und einen respektvollen Raum für den Austausch persönlicher Erfahrungen und Meinungen zum Thema Schwangerschaftsabbruch.
Die Kritischen Mediziner*innen Hannover und das AStA Referat für Teilhabe der Leibniz Universität Hannover hatten vier Referent*innen eingeladen, aus ihrer beruflichen und privaten Erfahrung zu berichten. Zu Gast waren eine Frauenärztin, die selber Abbrüche durchführt, sich für deren Entstigmatisierung und gegen die Selektion durch Pränataldiagnostik einsetzt, ein Mitarbeiter der Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle Pro Familia, eine Aktivistin des Bündnisses für Sexuelle Selbstbestimmung, die selbst einen Schwangerschaftsabbruch durchführen ließ und eine Vertreterin des Bundesverbandes behinderter Eltern.
Während der vier Kurzvorträge hatte das Publikum die Möglichkeit, über eine App anonym Fragen zu stellen und diese auch zu ranken. In einer anschließenden Diskussionsrunde wurden die beliebtesten Fragen dann der Runde gestellt und diskutiert.
Wie die Veranstaltung bereits in ihrer Einladung ankündigte, ging es vor allem um das gegenseitige Zuhören und den Austausch persönlicher Erfahrungen. The personal is political: ein Schwangerschaftsabbruch ist eine persönliche Entscheidung – allerdings wird die Freiheit dieser Entscheidung gesamtgesellschaftlich diskutiert und auch politisch, in den Paragraphen 218 und 219a des Strafgesetzbuches, geregelt.
Neben Konfliktschwangerschaften und dem frühen Schwangerschaftsabbruch, ging es auch um Pränataldiagnostik und den häufig daraus folgenden Abbruch von Schwangerschaften bei Diagnose einer potentiellen genetischen Veränderung oder anderen vorgeburtlich festzustellenden Behinderung.
Die Erfahrungen der Betroffenen zeigten die Problematik hinter der aktuellen gesetzlichen Regelung. Auf der einen Seite ist es Patient*innen erschwert medizinische Informationen zu erhalten. Auf der anderen Seite ist der Paragraph 219a Grundlage für die zahlreichen Anzeigen gegen Ärzt*innen durch Abtreibungsgegner*innen. Die Anzeigen und die damit verbundene Unsicherheit haben wiederum zur Folge, dass immer weniger Ärzt*innen und Kliniken Schwangerschaftsabbrüche durchführen.
Von allen Beteiligten wurde klargestellt: In der Debatte um frühe Schwangerschaftsabbrüche, geht es um die Frage ob eine Schwangerschaft generell gewollt ist oder nicht. In der Debatte um Pränataldiagnostik geht es hingegen um die Frage, ob ein bestimmtes Kind mit bestimmten Merkmalen gewollt ist, oder nicht. Die Veranstaltung „The personal is political“ bot den Raum, diese beiden Aspekte differenziert zu betrachten. Ohne Frage wurden an diesem Abend im Rahmen des Alternativen Vorlesungsverzeichnisses der MHH Geschichten erzählt, die die anwesenden Menschen auch mit in ihren Alltag und in ihre Gedanken jenseits des Conti-Hochhauses nehmen werden. Denn gerade weil Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüche so persönlich sind, sollte es möglich sein, offen und ohne Vorurteile darüber zu sprechen.